Lesung mit Musik zum Internationalen Tag der Menschenrechte
mit Robert Levin (Sprecher) und Johannes Sauer (Pianist) am Samstag, 7. Dezember 2019, 19:00 Uhr im Schroeter-Saal, Murkens Hof, Lilienthal.

Robert Levin liest aus "Memorial" von Günther Weisenborn, der Bremer Pianist Johannes Sauer spielt dazu Musik (nicht nur) der 1920er bis 40er Jahre.

Günther Weisenborn ist ein gefeierter Theaterautor der 20er und 30er Jahre in Berlin, wo er mit den Stars seiner Zeit zusammenarbeitet, u.a. mit Bertolt Brecht, Helene Weigel, Lotte Lenya, Hanns Eisler, Kurt Weill und Heinrich George. Daneben lebte er zeitweise im Ausland, z.B. 1929/30 in Argentiniern, wo er als Postreiter, Lehrer und Farmer arbeitet. 1933 werden auch Weisenborns Werke durch die Nazis verbrannt und verboten. Danach veröffentlicht er Romane unter Pseudonym und arbeitet als Drehbuchautor in Berlin. 1937 ist Weisenborn für Filmaufnahmen in New York, bleibt anschließend dort und arbeitet als Lokalreporter.
Danach kehrt er nach Berlin zurück und wird im Widerstand gegen das Nazi-Regime aktiv, vor allem in der Gruppe von Harro und Libertas Schulze-Boysen.
Die Gestapo nennt sie später "Rote Kapelle", der auch Cato Bontjes van Beek angehörte. 1940 engagiert Heinrich George, Intendant am Berliner Schiller-Theater, Weisenborn als Dramaturg. Gleichzeitig ist Weisenborn für den Großdeutschen Rundfunk tätig. 1941 heiratet er Margarate Schnabel, genannt "Joy", eine Freundin von Libertas Schulze-Boysen. 1942 werden Joy und Günther Weisenborn von der Gestapo verhaftet.
Sie wird zwei Monate lang gefangengehalten, er vorerst neun Monate - in Einzelhaft, u.a. im berüchtigten Gestapokeller in der Prinz-Albrecht-Straße. Im Februar 1943, als die meisten seiner Freunde bereits zum Tode verurteilt und hingerichtet worden sind, steht Weisenborn vor dem Reichskriegsgericht. Der Staatsanwalt fordert auch für ihn die Todesstrafe, das Gericht verurteilt ihn zu drei Jahren Zuchthaus. Weisenborn überlebt härteste Zwangsarbeit und Zuchthaus und wird am 12. April 1945 durch Soldaten der Roten Armee befreit. Sein Theaterstück "Die Illegalen" wird 1946 am Hebbel-Theater in Berlin uraufgeführt, es zählt neben Wolfgang Borcherts "Draußen vor der Tür" zu den meistgespielten deutschen Nachkriegsstücken. 1948 erscheint Günther Weisenborns Buch "Memorial", das in West- wie in Ostdeutschland zum Bestseller wird. Darin beschreibt der Autor eindringlich Szenen aus Widerstand und Haft, denen er Erinnerungen aus seinem vorherigen Leben in Freiheit gegenüberstellt. "Memorial" ist bis heute ein beeindruckendes literarisches Dokument.

Die Vortragenden:
Am Flügel: Hanno Sauer. Der gebürtige Freiburger absolvierte ein klassisches Klavierstudium an der Hochschule Bremen und arbeitet seither als Hochschuldozent, Komponist und Liedbegleiter. Er tritt in Rundfunk und Fernsehen auf sowie mit seinem Bremer Duo "Veronikas Freunde", das unter anderem den Liederzyklus "Die Winterreise" von Franz Schubert darbietet.

Am Mikrophon: Robert Levin. Der gebürtige Karlsruher hat an der Hochschule der Künste im schweizerischen Bern Schauspiel studiert. Nach ein paar Bühnenjahren hat er sich aufs Sprechen konzentriert:
In Radioprogrammen des WDR Köln und NDR Hamburg, als Erzähler in Dokumentarfilmen und Reportagen von ARD, ZDF, ARTE u.a. sowie in der Synchronisation von Kinofilmen und TV-Serien.

Eintritt: 10,00 €
Veranstalter: Bürgerstiftung Lilienthal

 Es war eine Ehre und berührende Erfahrung für uns, bei der Lilienthaler Lesung aus Günther Weisenborns "Memorial" (1948) den Menschen begrüßen zu dürfen, dem diese Zeilen des Buches gewidmet sind: "Drei Jahre lebte unser Sohn bereits in Briefen, die wir einander schrieben, ehe er Gestalt wurde. Drei Jahre lang irrte er in schmutzigen Gefängniskuverts durch Deutschland, von Moabit nach Sorenbohm, von Sorenbohm nach Luckau, von Luckau nach Potsdam. Und wer von uns beiden den Brief öffnete und vom Sohn las, der lächelte glücklich in aller Finsternis." Auf dem Foto in der Mitte: Sebastian Weisenborn, älterster Sohn von Joy und Günther Weisenborn, am 7.12.2019 in Murkens Hof, Lilienthal, neben Christa Kolster-Bechmann, Vorsitzende der Bürgerstiftung Lilienthal und Robert Levin (Sprecher und Schauspieler).